Rotationsverfahren

Rotationsteile sind hohle Kunststoffteile. In der Regel aus Polyethylen (PE). Das als Pulver in eine geschlossene Form gegeben wird. Diese Form wird in einem Ofen unter ständigem Drehen erhitzt. Das Pulver verteilt sich mehr oder weniger gleichmäßig, bleibt an der heißen Form kleben und schmilzt. Das Ergebnis nach dem Abkühlen ist ein hohler Körper mit nahezu unerschöpflichen Möglichkeiten in der Formgebung.

 

Die Ansprüche an die einzelnen Komponenten, die wir entwerfen sind hoch. – Unsere Ansprüche, und die unserer Kunden!

 

Ein extremes Beispiel ist der Haupttank der Feldspritze Vega von Lemken. Der Tank muss beständig gegen Chemikalien sein, soll seinen Inhalt mit wenigen Düsen mixen, in Schräglagen freilaufen, sich selbst reinigen, den Inhalt während der Fahrt ruhig halten, er muss dem enormen Gewicht von bis zu 5000 Litern (einer sich bewegenden Flüssigkeit) standhalten und gut aussehen soll er auch noch.

 

Da bieten sich Rotationsteile geradezu an. Mit einer großen Einschränkung: PE verhält bei der Belastung von über 5000 kg Tankinhalt ehr flexibel. In dieser Situation ist die angestrebte Form des PE ein Ellipsoid. Auch unbelastet verformen sich planare PE-Flächen gerne unkontrolliert.

 

Die Lösung für solche Schwierigkeiten liegt in der Formgebung. Sogenannte Freiformflächen, also überwölbte Flächen haben eine höhere geometrische Stabilität, als Planare. Ecken und aufeinander treffende Flächen helfen ebenfalls.

 

Ein ganz entscheidendes Element bei der Lemken Vega ist eine Stelle in der Mitte des Tanks, wo sich die obere und untere Werkzeughälfe treffen und so einen Tunnel schaffen. Im Falle der Vega dient dieser Durchzug nicht nur der Stabilität, sondern auch dazu Leitungen durch die Maschine zu führen, den Tank am Rahmen zu befestigen und als Schwallwand.

 

So gestaltet kann ein Rotationsteil in der Montage der Gesamtmaschine viel Arbeit sparen. Bei anderen Tanks muss die Schwallwand in einem zusätzlichen Produktionsschritt in den Tank eingefügt werden.

 

Auch Gewinde können gleich mit in die Form eingearbeitet werden. Das sogar unabhängig der Entformungsrichtung. Entweder als Teil des Kunststoffkörpers oder als Insert. Diese Inserts sind Metalteile die in den Kunststoff eigegossen werden.

 

Bei Engstellen zwischen Ober- und Unterschale können in dem eigentlich doppelwandigen Körper einwandige Stellen geschaffen werden. Bei der Einspülschleuse der Vega konnten wir durch diese Kiss-Off-Stellen das innenliegende Spülbecken und die Außenform als nur ein sehr soliden Rotationskörper realisieren. Obwohl an sieben Stellen Zu- und Abläufe von außen ins Spülbecken stechen.

 

Farben werden beim Rotationsverfahren vor dem Schmelzen dem PE-Pulver beigemischt. Rotationsteile sind also in der Regel einfarbig und voll durchgefärbt. Es besteht allerdings die Möglichkeit eine zweite Farbe am Anfang des Produktionsprocesses innen auf die Werkzeugform aufzutragen. Wenn das Teil dann später aus der Form geholt wird, bleibt die zusätzliche Farbe am Kunststoff haften. Bei Traktorendächern von CLAAS wird so mit einem Rotationsteil eine Optik erzielt, die mit anderen Herstellungsverfahren mehr Teile erfordert hätte.

 

Rotationsteile können eine Wandstärke von bis zu 15mm haben. Sind höhere Wandstärken nötig, dann kann eine zweite, innenliegende Schicht zugefügt werden. Dieser feinporige, harte Schaum wird noch im Ofen zugefügt.

 

Bei allen Rotationsteilen muss man mit recht hohen Toleranzen rechen. Das Material zieht sich beim Abkühlen am Ende des Herstellungsprozesses zusammen. Dieses Schrumpfen ist natürlichen Schwankungen unterworfen und lässt sich nicht zu 100% kontrollieren. Ebenso schwankend ist Teilweise die Wandstärke. In engen Ecken und Kanten einer Form sammelt sich beim Rotieren mehr Material und an spitzen Kanten die in die Form stechen weniger. Daher müssen im Entwurfsprozess entsprechend große Radien eingeplant werden.

 

Ob Rotationsteile bei einem Produkt sinnvoll sind hängt von vielen Faktoren ab. Wir, bei Budde Industrie Design gestalten Produkte bei denen unterschiedlichste Fertigungsverfahren angewandt werden. Mit unseren interdisziplinären Kenntnissen beraten wir, unsere Kunden schon früh im Entwurfsprozess über geeignete Fertigungsverfahren.

 

Falk Wittköpper